Ist Starkregen eine Folge des Klimawandels?

Spätestens seit der „Fridays for Future“-Bewegung im Jahr 2018 ist er in aller Munde. Der Klimawandel und seine drohenden Folgen für unser Leben sowie das Leben unserer Kinder und Kindeskinder. Die einen mögen nun mit den Augen rollen, haben schon bei der bloßen Erwähnung des Wortes kein Interesse, mehr über das Thema zu erfahren und werden den Artikel zur Seite legen. Die anderen werden hingegen eine besorgte Miene aufsetzen und zugeben, dass dies ein Thema ist, dass sie tief in ihrem Innersten schwer beschäftigt, ihnen vielleicht sogar schlaflose Nächte bereitet. Ja, kaum ein anderes Thema polarisiert derzeit so wie der Klimawandel, spaltet die Gesellschaft in unterschiedliche Lager und doch betrifft er alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft, ihrer religiösen Einstellung oder gar ihres Einkommens. Und wie auch immer man sich entscheidet, ob man sich zum Klimaleugner oder gar Klimaschützer erklärt, Fakt ist, dass die Folgen des Klimawandels mittlerweile deutlich messbar sind. Seit dem Jahr 2009 hat sich auch die deutsche Bundesregierung zur Aufgabe gemacht in regelmäßigen Abständen über die Klimafolgen und mögliche Anpassungen zu berichten. Alle vier Jahre erscheint seitdem der Monitoringbericht zur „Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ (DAS), der ein deutliches Bild der aktuellsten Entwicklung zeichnet. Der zuletzt erschienene Bericht aus dem Jahr 2023 fällt dabei ein vernichtendes Urteil: Die Temperaturen von Luft, Wasser und Boden haben sich weiter erhöht und somit auch das Auftreten von Extremwetterereignissen begünstigt. Extremwetter, darunter fallen sowohl Starkregen, Sturzfluten, Überschwemmungen sowie Hitze und Dürre.1 Die Frage stellt sich daher, ob mit diesen Wetterphänomenen zukünftig regelmäßig zu rechnen ist?

Wie unklar die aktuelle Situation vor allem im Bereich von Starkregen derzeit noch ist, zeigen aktuelle Klimamodelle. So spricht der Deutsche Wetterdienst beispielsweise von hohen räumlichen Unterschieden, wobei vor allem die Winter wesentlich feuchter geworden sind, die Sommer jedoch vergleichsweise unverändert hohe Regenmengen aufweisen.2 Und auch der Monitoringbericht der deutschen Bundesregierung kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, weist jedoch im nächsten Schritt auf den engen Zusammenhang zwischen der Temperaturerhöhung und der Bildung von Niederschlag hin. Denn wärmere Luft ist in der Lage mehr Wasserdampf aufzunehmen, was wiederum mehr und vor allem intensiveren Niederschlag begünstigt. Intensiverer Niederschlag, weil sich durch den erhöhten Wasserdampf in der Luft auch die Wolken- und Niederschlagsbildung erhöht, der sich dann in kurzer Zeit in großen Mengen entlädt. Führt die Klimaerwärmung daher zur einer Zunahme von Starkregen? Derzeit erscheint es zu früh, um hierzu bereits ein Urteil zu fällen. Gerade der kurze Untersuchungszeitraum seit dem Jahr 2001 lässt noch keine finalen Aussagen tätigen. Klar ist jedoch, dass gerade im überdurchschnittlich warmen Jahr 2018, welches durch eine extreme Trockenheit geprägt war, auch die meisten Starkregenereignisse aufgetreten sind.3

Abbildung 1: Deutscher Wetterdienst, Die Niederschlagssumme hat sich seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Zeitraum 1881 bis 2024 nicht wesentlich verändert.

Ganz gleich ob man künftig tatsächlich mit mehr oder weniger Starkregen rechnen muss und wie hoch die Klimaerwärmung letztendlich sein wird, eine absolute Gewissheit wird man erst nach einer längeren wissenschaftlichen Untersuchung haben. Nämlich dann, wenn die statistischen Modelle genauere Ergebnisse liefern. Und trotzdem ist es wichtig, zu diesem Zeitpunkt keinesfalls die Hände in den Schoß legen, um abzuwarten, wie sich die Auswirkungen des Klimawandels tatsächlich zeigen werden. Denn an dieser Stelle muss man noch auf einen Faktor hinweisen, der gerade bei den Ursachen für den Klimawandel deutlich in den Vordergrund rückt: der menschliche Umgang mit Ressourcen und dem Lebensraum Erde. Gemäß dem Deutschen Wetterdienst sind gerade die Treibhausgasemissionen (Wasserdampf, CO2, Methan, Lachgas oder Ozon) eine der Hauptfaktoren für die Klimaerwärmung, so wie sie seit mindestens 2.000 Jahren nicht mehr beobachtet werden konnte. Um es noch deutlicher auszudrücken: seit den 1850er Jahren (also zeitgleich mit dem Beginn des industriellen Zeitalters) sind die Temperaturen noch nie so schnell angestiegen, wie jemals in der Geschichte des Planeten Erde zuvor.4

Abbildung 2: Deutscher Wetterdienst, Die Betrachtung der gemittelte Jahrestemperaturen zeigt in Deutschland einen deutlichen Anstieg der Temperaturen seit den 1980er Jahren.

Aber nicht nur die Emissionen aus Industrie, Verkehr, Landwirtschaft oder Haushalten spielen eine Rolle, wesentlich ist auch unser Umgang mit den uns verfügbaren Flächen. Gerade hinsichtlich der Auswirkungen von Starkregenereignissen ist dieser Faktor sogar wesentlich wichtiger – betrifft er doch unmittelbar die Folgen von Starkregen und Sturzfluten. Gemeint sind dabei die immer noch weiter zunehmende Bodenversiegelung, der Umgang mit Ressourcen, aber auch Flussbegradigungen oder das Eingreifen in aktive Ökosysteme.5 Warum dies der Fall ist? Bei der Bodenversiegelung scheint der Fall relativ klar zu sein. Das Wasser kann durch den versiegelten Boden nicht mehr an Ort und Stelle versickern, sondern wird stattdessen in das Kanalnetz der Kommune eingeleitet. Dieses ist in der Regel jedoch nicht auf solche Starkregenfälle vorbereitet und dadurch mit den Wassermassen schlichtweg überfordert. Im Falle des Falles kann es so zu einem Rückstau der Wassermassen mit erheblichen Folgen kommen.6 Zudem führt auch die Straßengestaltung mit 1- oder 2-Seitweggräben zu idealen Abflussbedingungen, wodurch die Abfließgeschwindigkeit des Wassers im Vergleich zu natürlichen Gewässerverlaufen wesentlich erhöht wird. Wie schnell die Wassermassen dabei in die nächste Ortschaft transportiert werden können (Straßen führen in der Regel in die nächste Ortschaft), zeigen Berichte von Augenzeugen vergangener Starkregenereignisse, die von der raschen Ankunft der Wassermassen schlichtweg überfordert waren.7 Aber auch unverbaute Grünflächen gelangen bei der Aufnahmefähigkeit solch hoher Regenmengen schnell an ihre Grenzen. Gerade dann, wenn die Bewirtschaftungsweise nicht den naturnahen Bedingungen entspricht, kann deutlich weniger Wasser durch den Boden aufgenommen werden, wodurch die Erosion (der Abtrag fruchtbarer Bodenmaterialien) und die Nährstoffeinträge in nahe gelegene Seen und Gewässer begünstigt werden. Eine gute Durchwurzelung des Bodens, ein optimales ökologisches Gleichgewicht und eine an die Landschaft angepasste Bewirtschaftungsform sind dabei das A und O, um auch für den Starkregenfall optimal vorbereitet zu sein.8

Ob Starkregen eine Folge des Klimawandels ist, kann bei der derzeitigen wissenschaftlichen Untersuchungslage noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Wie dargestellt werden konnte, begünstigen zwar gerade die steigenden Temperaturen die Wolkenbildung und den damit verbundenen Niederschlag. Trotzdem kann gemäß der vielen Modelle aufgrund der aktuellen Datenlage noch keine sichere Aussage getroffen werden. So scheint in diesem Zusammenhang lediglich der Einfluss des menschlichen Verhaltens auf die Veränderung unseres Klimas sicher und unweigerlich zu sein. Darunter sind die Einflüsse der menschengemachten Emissionen auf den Temperaturanstieg bereits hinlänglich bekannt und in unser aller Köpfe verankert. Weniger bewusst und mindestens genauso wichtig erscheinen jedoch die vielreichenden Auswirkungen der starken und fortschreitenden Bebauung, die sich gesamthaft auf das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten auswirkt und somit nicht nur im Starkregenfall negative Auswirkungen hat. Das von der ILE Zukunftsregion Rupertiwinkel e.V. gestartete Projekt zum Thema „AresA – Interkommunales Anpassungskonzept für Starkregen und Sturzfluten mit einem multifunktionalen, resilienten Ansatz“ möchte genau aus diesem Grund alternative, ganzheitliche Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. Nicht nur, um im Fall von Starkregen entsprechend vorbereitet zu sein, sondern auch um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Interesse bekommen? Unter folgendem Link könnt ihr mehr über das Projekt zum regionalen Sturzflutmanagement erfahren:


1 Umweltbundesamt 2023: Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, S. 12f.

2 Deutscher Wetterdienst: Klimawandel – ein Überblick, https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimawandel/klimawandel_node.html#doc344940bodyText9

3 Umweltbundesamt 2023: Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, S. 24ff.

4 Deutscher Wetterdienst: Klimawandel – ein Überblick, https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimawandel/klimawandel_node.html#doc344940bodyText9

5 Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2015: Die unterschätzte Risiken „Starkregen“ und „Sturzfluten“. Ein Handbuch für Bürger und Kommunen, S. 67

6 Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2015: Die unterschätzte Risiken „Starkregen“ und „Sturzfluten“. Ein Handbuch für Bürger und Kommunen, S. 55

7 Prof. Dr. Karl Auerswald 2024: Wasser in der Landschaft bilden | Massnahmen für Hochwasser- und Dürreprävention. Online-Workshop-Reihe „Boden und Klima“ | Hochwasserereignisse als Gemeinschaftsaufgabe – Bewältigung und Prävention, 22.11.2024. Online: Boden Bündnis Europa.

8 Max Stadler: Umsetzung von Erosionsschutzmaßnahmen in Bayern – Lösungsansätze und Bewusstseinsbildung. BWSB Tagung – Boden und Wasser im KlimaWANDEL, 04.12.2024. Online: bw Boden.Wasser.Schutz Beratung im Auftrag des Landes OÖ.